Wenn der Bonus zum Malus wird
Fast alle Unternehmen, 92 Prozent, vergüten variabel (Hay Group, 2011) und sind von der Effektivität variabler Vergütung überzeugt – doch erzielt dieses Vergütungssystem auch den gewünschten Effekt? Steigern Boni und Provisionen immer die Produktivität der Mitarbeiter und den Unternehmenserfolg?
Eine aktuelle Studie der Unternehmensberatung Hay Group meint: Nein. Dazu wurden 117 Unternehmen aus verschiedenen Branchen zur Vergütung im Vertrieb befragt. Die Studie zeigt: Es besteht kein Zusammenhang zwischen dem variablen Vergütungsanteil und der Zielerreichung (Hay Group, 2015).
Im Grunde genommen ist die Annahme von Unternehmen und Führungskräften nachvollziehbar: Monetäre Anreize, die an bestimmte Ziele gekoppelt sind, sollen die Mitarbeiter motivieren und ihre Leistungsorientierung steigern, damit auf diese Weise eine bessere Arbeitsleistung erzielt wird. Dass Mitarbeiter auch über eine intrinsische Motivation verfügen, wird zu schnell vergessen. Diese beschreibt die Motivation, eine Aufgabe um ihrer selbst willen zu erfüllen, ohne äußere Anreize, weil sie Spaß macht, weil sie den eigenen Interessen entspricht oder eine Herausforderung darstellt. Wenn Mitarbeiter nun Ziele erreichen, um vor allem einen Bonus zu erhalten, kommt zur intrinsischen Motivation auch eine extrinsische Motivation hinzu. Im schlimmsten Fall fokussiert sich der Mitarbeiter ausschließlich nur noch darauf, den Bonus am Ende des Jahres zu erhalten, und die intrinsische Motivation wird vollkommen verdrängt.
Variable Vergütung kann demotivieren
Einer weiteren Befragung von mehr als 18.000 Arbeitnehmern zufolge hat eine variable Vergütung für ein Viertel keinen motivierenden Effekt und 18 Prozent sagen sogar, dass monetäre Anreize sie eher demotivieren, als zusätzlich zu motivieren (Abbildung).
Zudem führt ein variabler Gehaltsanteil ab 30 Prozent zu einem deutlichen Leistungsdruck bei den Arbeitnehmern, welcher mit zunehmendem variablen Gehaltsanteil wächst. Demzufolge wirken nur geringere variable Gehaltsanteile motivierend.
Abbildung
Würden Sie sich durch eine variable Vergütung anspornen lassen?
Quelle: Hay Group, 2012a
Gehalt als Hygienefaktor
Auch der Faktor Gehalt ist nicht zwingend motivierend und stellt vielmehr einen Hygienefaktor dar. Knapp die Hälfte der Befragten lässt sich eigenen Angaben nach nicht durch eine Gehaltserhöhung anspornen. Und diejenigen, die sich durch Gehaltserhöhungen motivieren lassen, müssen eine mindestens 20-prozentige Gehaltserhöhung erhalten, damit diese leistungssteigernd wirkt.
Intrinische Faktoren steigern eher die Arbeitsmotivation
Was aber wichtiger ist als ein ausreichendes Gehalt, ist die Freude bei der Arbeit: 80 Prozent finden es motivierend, ein kollegiales Arbeitsumfeld zu haben, und 66 Prozent empfinden eine Arbeit, die ihnen Spaß macht, als anspornend. Zudem wünschen sich 53 Prozent der Arbeitnehmer eine Führungskraft, die sie fördert und fair behandelt. Und nur 12 Prozent fühlen sich durch einen höheren leistungsabhängigen Vergütungsanteil motiviert (Hay Group, 2012b).
Die Studie zeigt, dass es nicht nur das zusätzliche Geld ist, das den Arbeitnehmer antreibt. Es sind vor allem intrinsische Motivationsfaktoren, die anspornend wirken. Die Arbeitsfreude stellt den wichtigsten Nutzen für Arbeitnehmer dar. Außerdem leisten Mitarbeiter bessere Arbeit, wenn sie das Gefühl haben, von ihrer Führungskraft fair behandelt zu werden und einen angemessenen Lohn zu erhalten.
Gründe, die Mitarbeiter zur Kündigung bewegen würden, sind für die meisten ein schwieriges Arbeitsklima, ein Job, der keinen Spaß macht, und eine schlechte Führungskraft. Erst dann folgt ein zu niedriges Gehalt.
Wie kann man Mitarbeiter als Führungskraft motivieren?
Damit Mitarbeiter zufriedenstellende Leistungen erbringen, sollten Führungskräfte in erster Linie darauf bedacht sein, ein kollegiales Umfeld zu schaffen und den Mitarbeitern interessante Aufgaben zu geben. Das Gehalt sollte mit der Arbeitsleistung des Mitarbeiters korrelieren. Wenn ein Mitarbeiter über längere Zeit besonders gute Leistungen erbringt, sollte sein Gehalt erhöht werden. Zeigt ein Mitarbeiter anhaltend schlechte Leistungen, sollte die Führungskraft erwägen, sich von diesem Mitarbeiter zu trennen. Nur auf diese Weise kann der Nutzen für beide Seiten maximiert werden.
Quellen:
Hay Group, 2015, Ergebnisse der Studie zur variablen Vergütung im Vertrieb [18.7.2016]
Hay Group, 2012b, Ist Ihre Motivation käuflich? [18.7.2016]
- Lügen verursacht psychologische Kosten
- Kostenpflichtige Plastiktüten: Kommt nicht in die Tüte – oder doch?