Nachhaltige Produkte liegen im Trend. Das Bewusstsein hin zu einem umweltfreundlicheren Konsum wächst, jedoch spiegelt sich dies bislang kaum in der tatsächlichen Kaufentscheidung der Konsumenten wider. Der Anteil an Biolebensmitteln am gesamten Lebensmittelmarkt betrug 2016 lediglich 5,1%. Können Siegel und Logos die Konsumenten bei ihren Kaufentscheidungen unterstützen?
Kaufentscheidungen von Konsumenten sind sozialen Einflüssen und situationsabhängigen Faktoren unterlegen, die die Intention und somit das Verhalten beeinflussen, wodurch häufig gegen eigene Vorsätze oder Einstellungen gehandelt wird. Dies hängt zum einen mit der komplexen und vielfältigen Wertschöpfungskette eines Gutes zusammen, die nur schwierig nachvollzogen werden kann. Zum anderen führt der Gedanke, ein Einzelner könne nichts bewirken, dazu, dass Konsumenten sich weniger verantwortlich fühlen und ihren Einfluss selber nicht wahrnehmen. Darüber hinaus verursacht der Status Quo Bias, dass Konsumenten lieber bei ihrem Gewohnheitsmuster bleiben, anstatt dieses mit viel Zeit und Engagement zu verändern.
Mit diesem Wissen und vor dem Hintergrund einer gesamtgesellschaftlichen umweltfreundlicheren Entwicklung ist es wichtig, den Konsumenten zu informieren und ihn zu motivieren, sodass seine Kaufbereitschaft gegenüber umweltfreundlicheren Produkten steigt und er so auf umwelt-, wirtschafts- und sozialpolitischer Ebene Einfluss nimmt.
Die Platzierung von Siegeln und Logos im Markt ist eine Möglichkeit, um den Konsumenten in seinen eigenverantwortlichen Alltagsentscheidungen zu unterstützen.
Siegel und Logos sollen den Konsumenten dazu befähigen, informierte Entscheidungen zu treffen, ohne sich im Vorfeld intensiv mit dem Thema auseinandersetzen zu müssen und aufmerksamer im Hinblick auf das Thema der Nachhaltigkeit zu werden. Sie dienen als Referenz, um umweltfreundlichere Produkte zu identifizieren und die herrschenden asymmetrischen Informationen am Markt zu überwinden.
Die bisherige Forschung zeigt jedoch, dass während der Umsetzung Probleme auftauchen, wodurch das ihnen zugeschriebene Potenzial nicht ausgeschöpft wird. Laut der Verbraucher Initiative e.V. existieren bereits mehr als 740 Labels in Deutschland, von denen 182 für die unterschiedlichen ökologischen, ökonomischen oder sozialen Nachhaltigkeitsaspekte entlang der Wertschöpfungskette stehen. Dieses Überangebot führt dazu, dass Konsumenten Schwierigkeiten dabei haben, die verschiedenen Aussagen zu identifizieren und zwischen den einzelnen Aspekten zu differenzieren.
Hinzukommt, dass durch die Globalisierung viele Güter mittlerweile über den ganzen Globus verteilt geplant, hergestellt, transportiert und verkauft werden. Diese Komplexität der Herstellung hat zur Folge, dass Konsumenten die Vorgänge nicht beobachten und somit die Konsequenzen nicht abschätzen können. Siegel und Logos sollen diesen Vorgang vereinfachen. Der Konsument muss dabei aber auf die ihm zur Verfügung gestellten Informationen vertrauen, ohne sie selber kontrollieren zu können. Dieses Vertrauen wird jedoch regelmäßig durch Skandale erschüttert, was dazu führt, dass Konsumenten Misstrauen äußern und Zweifel an den Motiven der Unternehmen haben.
Die Grundidee von Siegeln und Logos, den nachhaltigen Konsum zu unterstützen, wird durch die Siegelvielfalt, die Komplexität der Herstellung und der auftretenden Unglaubwürdigkeit gegenüber den bereitgestellten Informationen gehemmt.
Um die Wirksamkeit zu steigern, muss einerseits das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit erhöht werden. Deswegen wurden im Auftrag des Deutschen Bundestages die Chancen und Kriterien eines allgemeinen Nachhaltigkeitssiegels diskutiert. Dieses soll als ein übergreifendes staatliches Siegel alle Nachhaltigkeitsdimensionen im Produktlebenszyklus berücksichtigen und sich nicht nur auf einzelne Produktkategorien oder Dienstleistungen beschränken. Dies hätte den Vorteil, dass es lediglich nur noch ein Zeichen im Markt geben würde, jedoch treten in diesem Zusammenhang Fragen bezüglich der Umsetzung und Etablierung auf.
Andererseits kann die Wirksamkeit durch eine ganzheitliche Umsetzung und Kommunikation des Unternehmens gesteigert werden. Corporate Social Responsibilty kann dabei als Mediator im Kommunikationsprozess auftreten, um die Einstellungen und das Image des Unternehmens nach außen zu tragen und gleichzeitig die Glaubwürdigkeit der bereitgestellten Informationen zu erhöhen. Denn das Auftreten des Unternehmens spiegelt sich in der Kaufbereitschaft der Konsumenten wider.
Unternehmen und Wirtschaft stehen in Zukunft weiterhin vor der Frage, inwieweit man durch unterstützende Maßnahmen dem Konsumenten bei seinen alltäglichen Entscheidungen behilflich sein kann.
Ziel sollte es dabei sein, den Aspekt der Nachhaltigkeit langfristig zu fördern und in die Gewohnheiten der Konsumenten übergehen zu lassen. Dabei stehen Gesellschaft sowie Industrie vor großen Herausforderungen, da alle Aspekte der Ökologie, der Ökonomie und des Sozialen integriert werden müssen.
Quellen:
Boer, Joop de, 2003, Sustainability labelling schemes: The logic of their claims and their functions for stakeholders, in: Business Strategy and the Enviroment Nr. 12, Seite 254-264
Bund Ökologische Lebensmittelwirtschaft e.V. (BÖWL), 2015, Die Bio-Branche 2018. Zahlen – Daten – Fakten, Berlin
Bundesverband: Die Verbraucher Initiative e.V., Label online, Stand 04.04.2018, label-online.de/suche/
Deutscher Bundestag, 2015, Technikfolgenabschätzung (TA). Chancen und Kriterien eines allgemeinen Nachhaltigkeitssiegels, in: Drucksache 18/5159, Berlin
Enste, Dominik / Grunewald, Mara, 2017, IW-Vertrauensindex 2017. Vertrauen in Wirtschaft, Politik und Gesellschaft im europäischen Vergleich, in: IW policy paper Nr. 22/2017, Köln
Enste, Dominik H. / Ewers, Mara / Heldman, Christina / Schneider, Regina, 2016, Verbraucherschutz und Verhaltensökonomik – Zur Psychologie von Vertrauen und Kontrolle, in: IW-Analysen Nr. 106, Köln
OECD, 2016, Green Growth and Consumer Behaviour www.oecd.org/greengrowth/greengrowthandconsumerbehaviour.htm
Schlegelmilch, Bodo B. / Öberseder, Magdalena, 2010, Half a Century of Marketing Ethics: Shifting Perspectives and Emerging Trends, in: Journal of Business Ethics Nr. 93, Seite 1-19