Die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) wurde mich dem Ziel entwickelt, mehr Transparenz und einen einheitlichen Standard in derNachhaltigkeitsberichterstattung in Europa zu etablieren. Nun soll der bürokratische Aufwand für die berichtspflichtigen Unternehmen verringert werden. Am 26. Februar 2025 hat die Europäische Union mit ihrer Omnibus-Verordnung weitreichende Änderungen für die Nachhaltigkeitsberichterstattung und -verpflichtungen vorgeschlagen.
CSRD-Berichtspflicht: Zwischen Unsicherheit und neuen Regeln
Planungssicherheit als wirtschaftlicher Faktor
Planungssicherheit ist für Unternehmen ein wertvolles Gut. Können Unternehmen sich auf die Rahmenbedingungen des Marktes verlassen, erhalten sie einen klaren Überblick über ihre unternehmerischen Spielräume. Investitionen in die Zukunft können so mit weniger Unsicherheit getroffen werden.
Fehlt diese Planungssicherheit, halten Unternehmen Investitionen und Lohnerhöhungen zurück, um die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens sicherzustellen. Dadurch bleiben sie resilienter gegenüber möglichen Veränderungen der Rahmenbedingungen. Es wäre daher zu erwarten, dass sich die Bedeutung der Planungssicherheit auch in politischen Prozessen widerspiegelt. Das Beispiel der neuen Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zeigt jedoch das Gegenteil.
Aktueller Stand der Gesetzgebung
Im März 2024 veröffentlichte das Bundesjustizministerium einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der CSRD-Richtlinie, der anschließend im Bundeskabinett verhandelt wurde. Am 24. Juli 2024 verabschiedete das damalige Bundeskabinett den Gesetzentwurf zur Umsetzung der CSRD, der dem Bundesrat und dem Bundestag vorgelegt wurde. Ende September 2024 gab der Bundesrat eine abschließende Stellungnahme zum Gesetzentwurf ab. Er äußerte starke Bedenken hinsichtlich der Belastung von Unternehmen. Daraufhin signalisierte die damalige Regierung im Oktober 2024 die Absicht, die Richtlinie auf EU-Ebene zu ändern, um den Berichtsumfang für kleinere Unternehmen zu reduzieren.
Nach anhaltendem Druck beschloss die EU-Kommission im November 2024, die CSRD-Richtlinie in einem Omnibusverfahren zu konsolidieren. Die Omnibus-Verordnung soll alle EU-Richtlinien zur Nachhaltigkeitsberichterstattung zusammenfassen und vereinfachen, um die Verfahren für Unternehmen weniger komplex zu gestalten. Ein aktueller Entwurf sieht deutliche Entlastungen im Vergleich zur bisherigen Regelung vor. Trotz dieser positiven Entwicklung bleibt jedoch Ungewissheit bezüglich der genauen Vorschriften bestehen.
Der Omnibus-Entwurf im Detail
Die Omnibus-Verordnung soll die Pflichten der CSRD, der Lieferkettenrichtlinie (CSDDD), der Taxonomie-Verordnung und auch der Sustainable Finance Disclosure Regulation (SFDR) bündeln.
Die EU-Kommission erwägt im Rahmen des Omnibusverfahrens, die Zahl der berichtspflichtigen Unternehmen zu reduzieren. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sollen entlastet werden, indem die Grenzwerte für die Beschäftigtenanzahl und den Jahresumsatz möglicherweise angehoben werden.
Im aktuellen Entwurf wird der derzeitige Anwendungsbereich der CSRD so geändert, dass sie fortan nur noch für Unternehmen mit über 1 000 Beschäftigten (d. h. Unternehmen mit über 1 000 Beschäftigten und entweder einem Umsatz von über 50 Mio. EUR oder einer Bilanzsumme von über 25 Mio. EUR) gilt.
Die Kommission geht davon aus, dass sich die Zahl der in den Anwendungsbereich fallenden Unternehmen durch den Vorschlag um 80 % verringern wird (siehe Fragen und Antworten zum Omnibus-Paket).
Rückwirkende Berichtspflicht?
Da das Geschäftsjahr 2024 bereits abgeschlossen ist, kann eine gesetzliche Änderung nicht rückwirkend darauf angewendet werden. Sollte die Umsetzung der CSRD in Deutschland jedoch im Laufe von 2025 beschlossen werden, könnte eine rückwirkende Berichtspflicht für das Geschäftsjahr 2025 greifen. Das würde bedeuten, dass Unternehmen, die im Geschäftsjahr 2024 nicht berichtspflichtig waren, rückwirkend ab 2025 unter die Berichtspflicht fallen könnten.
Eine schnelle Umsetzung des Gesetzes ist jedoch unwahrscheinlich. Die EU-Kommission hat signalisiert, dass die Frist zur nationalen Umsetzung verlängert werden könnte. Eine endgültige Entscheidung steht jedoch noch aus.
Fazit: Unsicherheit schadet Unternehmen – klare Regeln sind entscheidend
Die fortlaufenden Verzögerungen und Unsicherheiten bei der Umsetzung der CSRD-Berichtspflicht zeigen, wie sehr Unternehmen unter fehlender Planungssicherheit leiden. Während sich die gesetzlichen Anforderungen noch verändern könnten, bleibt unklar, wann und in welchem Umfang sie tatsächlich greifen werden. Diese Unsicherheit erschwert es Unternehmen, Investitionen zu tätigen, langfristige Strategien zu entwickeln und sich frühzeitig auf neue Berichtspflichten einzustellen. Jedoch illustriert das Beispiel der CSRD-Richtlinie auch, dass unternehmerischen Interessen im politischen Prozess durchaus Beachtung geschenkt wird und auch bereits scheinbar abgeschlossene politische Prozesse im Sinne von Unternehmen neu aufgerollt werden.
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Quellen:
EU-Kommission, 2025, Kommission vereinfacht Vorschriften für Nachhaltigkeitsberichterstattung und EU-Investitionen: mehr als 6 Mrd. EUR an Entlastung beim Verwaltungsaufwand angestrebt, https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/de/ip_25_614 [10.3.2024]
Geier, Tim, 2025, ESG-Regulierung: Omnibus nimmt Fahrt auf, https://www.mittelstandsverbund.de/politik/europa-internationales/d-omnibus-nimmt-fahrt-auf-2017957811 [10.3.2025]
Jordan, Stefanie / Müller, Jan A., 2024, CSRD-Umsetzungsgesetz: Die wichtigsten Inhalte und Auswirkungen, https://kpmg.com/de/de/home/themen/2024/04/csrd-umsetzungsgesetz.html [10.3.2024]
Maier, Christian, 2024, CSRD-Umsetzung in Deutschland: Aktueller Stand und Ausblick, https://www.roedl.de/themen/esg-news/2024-4/csrd-umsetzung-in-deutschland-aktueller-stand-ausblick [10.3.2024]
Mussler, Werner, 2025, Brüssel will Mittelstand von Berichtspflichten entlasten, https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/europaeische-kommission-will-mittelstand-von-berichtspflichten-entlasten-110315110.html [10.3.2025]
Neligan, Adriana / Schaefer, Thilo / Schmitz, Edgar, 2025, In die Zukunft investieren. Ergebnisse aus einer aktuellen Unternehmensbefragung im IW-Zukunftspanel für eine neue industriepolitische Agenda, Studie im Auftrag des Bundesverbands der Deutschen Industrie e. V. (BDI), Berlin / Köln